Operation
Bei der Behandlung von Darmkrebs kommt der Operation eine große Bedeutung zu, da diese in der Regel die einzige Chance für eine dauerhafte Heilung bietet. Entscheidend ist dabei aber die Art und Weise, wie die Operation ausgeführt wird. Eine Studie hat gezeigt, dass die Heilungschancen der Krebserkrankung bei optimal durchgeführter Operation ca. 15% besser sind als bei suboptimaler Operation. Die zertifizierten Darmkrebszentren müssen daher den Krankheitsverlauf ihrer Patienten über mindestens fünf Jahre verfolgen und statistisch auswerten.
Operation bei Dickdarmkrebs
Dickdarmkrebs ist der häufigste Darmtumor: Rund zwei Drittel der Darmtumore befinden sich im Dickdarm (Kolon), ein Drittel im Mastdarm (Rektum). Hat sich der Tumor im Dickdarm gebildet, wird der betreffende Dickdarmteil weiträumig komplett entfernt. Auch die dazugehörigen Lymphknoten werden zusammen mit dem Darmanteil als komplettes unversehrtes Paket entnommen. Diese optimale Form der Darmkrebsoperation wird als „komplette mesokolische Exzision“ bezeichnet und mit CME abgekürzt. Ob Operationen bei Darmkrebs in minimal invasiver (Schlüsselloch-)Technik durchgeführt werden sollten, war lange in der Diskussion. Nach der heutigen Datenlage scheint diese aber, bei entsprechende Erfahrung der Klinik, der Fall zu sein.
Die verbleibenden Darmabschnitte werden wieder verbunden. Der Verlust eines Darmstücks beeinträchtigt die Darmfunktion normalerweise kaum oder gar nicht. Der verbleibende Teil des Dickdarms reicht aus, um alle Funktionen zu übernehmen. Der normale Darmausgang bleibt erhalten. In einzelnen Fällen kann vorübergehend ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter oder Stoma) notwendig sein, so dass der Darm an der operierten Stelle besser ausheilen kann.
Operation bei Mastdarmkrebs
Bei einem Drittel der Darmkrebspatienten liegt der Tumor im Mastdarm bzw. Enddarm (Rektum). In diesem Fall wird bei etwa der Hälfte der Patienten eine Vorbehandlung Bestrahlung, gegebenenfalls mit Chemotherapie) durchgeführt, um die komplette Entfernung des Tumors zu erleichtern.
Bei der Operation wird ein Stück des Enddarms entfernt. Dabei muss ein ausreichender Sicherheitsabstand zum Schließmuskel gewahrt bleiben. Die präzisen modernen Techniken ermöglichen, dass ein Abstand von wenigen Millimetern noch ausreichend ist. Allerding ist in diesen Fällen regelhaft mit Beeinträchtigung der Kontinenzfunktion zu rechnen. Diese Kontinenzstörung wird als LARS bezeichnet. Sollte der seltene Fall gegeben sein, dass der Tumor ganz nah am Schließmuskel liegt, ist es erforderlich, den Muskel in der Operation zu entfernen. Dann muss ein endständiges, d.h. langfristiges Stoma (künstlicher Darmausgang) angelegt werden. Auch die Operationen bei mastdarmkrebs können, bei entsprechende Erfahrung, in minimal invasiver Technik durchgeführt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei dieser Operation betrifft die Nervenversorgung der Blase und der Geschlechtsorgane. Diese Nerven verlaufen sehr dicht am Enddarm und können bei entsprechend geschulten Chirurgen erhalten bleiben. So lassen sich Blasenentleerungsstörungen meist vermeiden. Auch das Risiko für eine Impotenz ist dadurch geringer. In einigen Klinken wird derzeit bereits ein Gerät zur besseren Identifikation der Nerven eingesetzt (Neuromonitoring).
Einschränkungen und Probleme nach der Operation
Künstlicher Darmausgang (Stoma, Anus praeter)
Bei einem künstlichen Darmausgang wird in der Bauchdecke eine Öffnung geschaffen, der gesunde Restdarm nach außen geführt und dort mit der Bauchdecke verbunden. An der Öffnung kann ein Beutel befestigt werden, dieser nimmt die Verdauungsreste auf und muss regelmäßig gewechselt werden.
Vorübergehendes Stoma
In manchen Fällen wird bei Darmkrebsoperationen ein vorübergehendes Stoma gelegt. So ist es möglich, den Darm zu entlasten und den Heilungsprozess zu fördern. Dieses Stoma wird auch als „Entlastungsstoma“ bezeichnet. Sobald der Gesundheitszustand des Patienten es wieder gestattet (meist nach einigen Wochen oder Monaten), wird die normale Darmpassage durch eine zweite, kleinere Operation wieder hergestellt. Dann ist die Darmentleerung wieder auf normalem Weg möglich. Handelt es sich bei einem vorübergehenden Ausgang um ein Dünndarm (Ileo-) Stoma, muss die Nierenfunktion regelmäßig kontrolliert werden, da es durch den Flüssigkeitsverlust zu schweren Störungen der Nierenfunktion kommen kann. Dies gilt besonders für ältere Menschen. Bei allen ungeklärten Verschlechterungen des Allgemeinzustands sollte hieran gedacht werden.
Dauerhaftes Stoma
Nur ein kleiner Teil der Darmkrebspatienten muss dauerhaft mit einem Stoma leben. Glücklicherweise gibt es heute aber sehr gute Möglichkeiten, mit dem Stoma ein normales Leben zu führen. Es ist keine spezielle Diät erforderlich. Sowohl berufliche als auch sportliche und natürlich auch für soziale Aktivitäten sind ohne wesentliche Einschränkung möglich. Dies gelingt aber nur dann, wenn der Patient optimal im Umgang mit dem Stoma geschult wird und alle technischen Möglichkeiten der Versorgung vorgestellt und mit allen Beteiligten diskutiert werden.
Ein wichtige Möglichkeit die Lebensqualität mit einem Stoma zu verbessern ist die Stomairrigation: Dabei verabreicht sich der Patient selbst ein Einlauf in das Stoma und entleert dadurch den Darm gezielt. Damit wird verhindert, dass sich tagsüber Stuhl entleert. In vielen Fällen kann damit das Stoma mit einer Art Pflaster abdecket werden, sodass kein Beutel getragen werden muss.
Ein häufiges Problem ist ein Bauchdeckenbruch, der sich neben dem Stoma bildet (parastomale Hernie). Dies kann durch die Einlage eines Kunsstoffnetzes korrigiert werden. Über die Notwendikeit muss aber im Einzelfall eine Diskussion erfolgen. Einige Chirurgen sind aufgrund der Häufigkeit dazu übergegangen, bereits bei der Anlage des Stomas ein Kunststoffnetz einzusetzen um die Bruchbildung zu verhindern.
Außerdem ist unbedingt ein Erfahrungsaustausch zwischen Betroffenen zu empfehlen, wie er in Selbsthilfegruppen erfolgt. Die Zertifizierten Darmkrebszentren müssen daher qualifizierte Stomapflegekräfte beschäftigen, die während des gesamten Behandlungsverlaufs zur Verfügung stehen. Zudem wird verlangt, jedem Patient das Kontaktangebot einer Selbsthilfegruppe zu unterbreiten.
Durchfall
Nach Operationen am rechten Anteil des Dickdarms kann es selten zu Durchfällen kommen. Diese sind durch Gallensäuren bedingt, die nach der Operation in den Dickdarm gelangen können. In diesem Fall kann eine Behandlung mit einem Gallensäurebinder (Colestyramin) hilfreich sein. Ist dies nicht die Ursache, muss mit Bindemitteln (z.B. Apfelpektin) und „Bremsmitteln“ (z.B. Loperamid) die Symptomatik abgemildert werden. Bei manchen Patienten ist eine dauerhafte Einnahme notwendig.
Kontinenzprobleme nach Enddarmoperationen: LARS
Bei der Standardoperation des Mastdarmkrebses wird der Darm zusammen mit seinem umhüllenden Fettkörper entfernt (sogenannte totale mesorektale Exzision, TME). Bei diesem Eingriff wird das Organ entfernt, das für ein Portionierung und Aufbewahrung des Stuhls verantwortlich ist. Übrig bleibt lediglich der Verschlussmechanismus und dieser verliert zudem einen Teil seiner Nervenversorgung. Es bildet sich daher häufig ein typisches Beschwerdebild aus, das als LARS (Low Anterior Resection Syndrome) bezeichnet wird. Dabei kommt es zu häufigen Stuhlentleerungen, die mehrfach hintereinander stattfinden und ein sehr kurze „Vorwarnzeit haben“. Nach einigen Stunden Ruhe wiederholt sich das Ganze. Dass Stuhl verloren wird oder Luft nicht kontrolliert werden kann, ist in unterschiedlichem Ausmaß der Fall. Meist kommt es zu einer erheblich Reizung der Haut am After.
Zur Behandlung sollten zunächst ein Versuch mit „Bremsmitteln“ wie Loperamid gemacht werden. Dabei können durchaus Dosen von ca. 3x2 Tabletten notwendig werden. Um die Aggressivität des Stuhls zu minimieren kann zusätzlich Colestyraim gegeben werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Einlaufbehandlung, um den Stuhl gezielt zu entleeren und damit längere Ruhephasen zu schaffen. Hierbei sind die Stomaexperten für die Anleitung behilflich.
Eine weitere Option besteht in der Einpflanzung eines „Darmschrittmachers“ (sakrale Nervenstimulation), die inzwischen in vielen Kinken angeboten wird.
Einschränkungen der Blasenentleerung und Potenz
Eine Blasenentleerungsstörung kann sich sehr unterschiedlich auswirken. Im leichtesten fall kommt es lediglich zu einer Abschwächung des Harnstrahls oder aber zu gehüften Blasenentzündungen. Im schwersten Fall ist die Blasenentleerung nicht mehr möglich, sodass ein dauerhaft Harnableitung über eine Katheter. In manchen Fällen erholt sich Blasenfunktion nach einigen Monaten. Eine Urologische Behandlung ist in allen Fällen einer merklichen Einschränkung ratsam. Dies gilt auch besonders für Patienten, die nach einer Operation an einer Impotenz leiden. Sie sollten sich unbedingt beim Urologen vorstellen, da eine frühzeitige Therapie bessere Erfolgschancen bietet.